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P r o z e s s a r b e i t

Die Prozessarbeit richtet den Blick auf alles Wahrnehmbare, auf alles was sich – auch unangenehm – bemerkbar macht: Auf den Fluss des Lebens. Auf das Strömen und auf die Hindernisse im Flussbett.
Es wird versucht, sich bewusst zu machen, was sich zeigt – und möglicherweise stört. Man "horcht auf die mitenthaltenen möglichen Botschaften des gurgelnden Wassers", um dem wachstums­orientierten Lebensprozess bestmöglich zu folgen.
Dies führt zu Selbstkenntnis und Selbstbewusstsein; mit der Zeit auch zu Selbstsicherheit.

Prozessarbeit (nach Arnold Mindell) geht von der Annahme aus, dass sich eine Problematik oft in mehreren Lebensbereichen gleichzeitig zeigt (z.B. in körperlichen Symptomen, Träumen und Beziehungsschwierigkeiten) und dass «mögliche Lösungen» bereits im Symptom selbst – in dem, was sich zeigt – enthalten sei. Weder KlientIn noch Therapeut kennen diese Lösungen oder ein bestimmtes Ziel eines Prozesses. Beide gemeinsam begeben sich gewissermassen auf eine «Forschungsreise».

Ausgehend von phänomenologischer Wahrnehmung werden Hypothesen gebildet und über Feedbackorientierung getestet. Interessiert forschend wird Vorhandenes amplifiziert (verstärkt), Ergänzendes neu entdeckt und achtsam – die Grenze vom Bekannten ins Unbekannte überschreitend – entfaltet, Polaritäten so schrittweise zusammengeführt und integriert.

Dabei geht die Prozessarbeit erfahrungsorientiert vor. Sie anerkennt den therapeutischen Wert der Berührung und integriert verschiedene Formen der Körperarbeit und alle Kanäle, in denen wir Informationen senden und empfangen (z.B. visuell, auditiv, und andere) und nutzt eine grosse Palette an kreativen Ausdrucksmöglichkeiten.

Die Wurzeln der Prozessarbeit gründen in der Jungschen Psychologie¹, sie nimmt Aspekte des Taoismus², und der buddhistischen Aufmerksamkeitslehre³ hinzu und lässt sich massgeblich von der modernen Physik inspirieren⁴.

In der Haltung «tiefer Demokratie» werden alle Phänomene gleichermassen willkommen geheissen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei Aspekten geschenkt, welche bewusst oder unbewusst, laut oder leise marginalisiert (an den Rand gedrängt) werden und möglicherweise "um Anerkennung ringen".

Die Arbeitsfelder, in denen Prozessorientierte Psychologie Anwendung findet, erstreckt sich von Worldwork⁵, Organisationsentwicklung und Supervision über Beratung und Psychotherapie⁶ bis hin zur Arbeit mit komatösen Patienten.

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¹ Jungsche Psychologie: z.B.: Finalität – menschliche Entwicklung strebt nach Ausgleich, Ganzheitlichkeit, ist Sinn-voll. Aktuelle Geschehnisse sind durch vergangene Ereignisse und durch die anzustrebende Zukunft beeinflusst

² Taoismus: Das Leben ist ein Fluss, unaufhaltsam, stellt uns immer wieder vor neue Entwicklungsherausforderungen

³ Buddhismus: Achtsamkeit und Anfängergeist – es gibt keine zwei gleiche Situationen

⁴ Moderne Physik: Quantenphysik und Feldtheorie – Nicht-Linearität von Entwicklungen und Non-Lokalität von Ereignissen

Worldwork: Grossgruppenanlässe zur Aufarbeitung kollektiver Konflikte

Psychotherapie: Einzel- und Paartherapie

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